Inklusive Experten-Interview mit Plus Size Yogalehrerin Manuela Wafzig
Body Positivity, Akzeptanz der eigenen Schwächen und innere Balance scheint das Lebensmotto der Stunde zu sein. Von überall heißt es: Liebe dich selbst! Jeder will es erreichen, sich gut fühlen, mit sich im Reinen sein und das so sehr, dass es eine neue Form des gesellschaftlichen Drucks auf uns ausübt. Das vermittelt das Gefühl von „Wer sich nicht selbst liebt, der ist noch nicht perfekt“.
Doch was ist das eigentlich mit der Selbstliebe und Body Positivity? Worum geht es wirklich und warum fällt es uns so schwer, uns selbst zu lieben?
Selbstliebe oder doch eher Selbstoptimierung?
Zunächst einmal verwechseln viele Selbstliebe mit Selbstoptimierung. In einer Zeit, in der Selbstliebe und Body Positivity viel verwendete Buzzwords und Hashtags sind, scheint es darum zu gehen, sich selbst zu optimieren und damit endlich so zufrieden und glücklich wie die anderen zu sein. Denn was uns früher in Werbung und Magazinen als perfektes Ideal vermittelt wurde, hat sich durch Instagram und Co. noch verstärkt. Ständig wird uns suggeriert, dass andere ein viel besseres, spannenderes und glücklicheres Leben haben. Alle sind schlank, sportlich, immer am Reisen und absolut in der Balance mit sich, ihrem Körper und ihrem sogenannten Lifestyle. Kein Wunder, dass es so vielen extrem schwerfällt, sich selbst zu lieben und zu akzeptieren. Der ständige Blick nach links und rechts und das Vergleichen mit diesen scheinbar perfekten Leben und Schönheitsidealen im Netz machen auf Dauer sehr unglücklich.
Raus aus dem Strudel: Body Positivity statt ständige Selbstverbesserung
Aber auch unabhängig von Social Media und anderen Kanälen fällt es vielen schwer, sich selbst zu akzeptieren. Sind da doch in unseren Augen die kleinen und großen Makel, mit denen wir uns weniger schön, weniger wert fühlen. Vor allem Frauen hadern oft mit ihrem Körper, wünschen sich einen flacheren Bauch, einen kleineren Po, weniger Dellen an den Oberschenkeln. Wir glauben, dass wir glücklicher sind, wenn wir ein bestimmtes Ziel wie Abnehmen erreichen. Ein Trugschluss. Selbst, wenn das Ziel erreicht ist, gibt es neue oder andere Dinge, die uns stören und die wir verändern wollen. Die ständige Jagd nach dem vermeintlich vollkommenen Glück und einer dauerhaften Zufriedenheit führt in erster Linie zum Gegenteil. Doch wie wir uns fühlen, ist sehr stark von unserer eigenen Wahrnehmung abhängig und umgekehrt – das eine bedingt das andere. Lieben und akzeptieren wir uns selbst und unseren Körper, dann hat das sehr viele positive Effekte auf unser Leben, unsere Gesundheit und auch auf unsere Mitmenschen.
Wie lernen wir denn nun, uns selbst zu lieben?
Wir erheben nicht den Anspruch auf ein Patentrezept oder auf einen Tipp, der alles sofort verändert. Doch mit diesen vier Tipps ist ein guter Anfang auf deinem Weg zu mehr Selbstliebe und Body Positivity gemacht:
- Entfolge Personen bei Social Media, die bei dir ein negatives Gefühl auslösen
- Sei realistisch und ehrlich zu dir selbst
- Versuche, überwiegend das Positive zu sehen
- Bringe deinen Körper in Schwung
1. Entfolge Personen bei Social Media, die bei dir ein negatives Gefühl auslösen
Entfolge allen Personen und Profilen, die in dir ein Gefühl von Neid oder Unzulänglichkeit deiner eigenen Person auslösen. Sei dabei rigoros, auch, wenn es dir vielleicht bei einigen schwerfällt. Es wird dir besser gehen, wenn dein Feed im Anschluss nur noch aus inspirierenden und authentischen Inhalten besteht. Denn neben all den Social Media Posts, die ein eher negatives Gefühl von „So glücklich will ich auch sein“ auslösen, gibt es auch solche, die uns dazu ermutigen, näher hinzuschauen und sich wirklich mit uns selbst zu beschäftigen. Dazu zählt zum Beispiel das Profil von Body Positivity Aktivistin Charlotte Kuhrt (mehr dazu erfährst du in unserem kostenlosen Yoga Guide im Interview mit ihr).
2. Ehrlichkeit gewinnt! Reflektiere dich selbst
Damit du deinen Körper akzeptieren kannst, solltest DU dich wohlfühlen und nicht einem Schönheitsideal nachjagen. Sei dafür zunächst ehrlich zu dir selbst: Stört dich etwas so sehr, dass du nicht damit leben kannst? Und wenn ja, was ist nötig, damit sich das ändert? Hast du das herausgefunden, solltest du dir kleine Meilensteine auf deinem Weg zu mehr Body Positivity setzen, die zu dir und deinem Leben passen. Sei realistisch und nimm dir nicht zu viel vor. Fange am besten mit kleinen Schritten an – du solltest nicht gleich alles ändern wollen und damit zu hohe Erwartungen an dich selbst stellen.
3. Weg mit dem Negativen! Versuche, überwiegend das Positive zu sehen
Deine Gedanken haben große Macht über dein Wohlbefinden. Versuche daher, negative Gedanken zu vermeiden. Am besten funktioniert das, indem du dir innerlich ein großes, rotes Stoppschild vorstellst, sobald negative Gedanken oder Grübeleien auftreten. Fokussiere dich auf das Positive und sei dankbar für alles, was ist. Schreibe jeden Abend drei Dinge auf, für die du an diesem Tag dankbar bist. Kleiner Tipp: Schon ein kleines Lächeln kann helfen, positiver zu denken. Der Effekt ist überwältigend.
4. Bewegung hilft! Bringe deinen Körper in Schwung
Dein Körper ist mit deinem Geist verbunden. Geht es dem Geist nicht gut, dann leidet der Körper und andersherum genauso. Daher ist es wichtig, deinen Körper zu pflegen. Tue deinem Körper regelmäßig etwas Gutes: Bewegung, gesunde Ernährung und frische Luft sind die Schlüsselwörter für mehr Body Positivity. Kleiner Tipp: Manchmal hilft es schon, wenn du dir schöne neue Fitness- und Yoga-Kleidung kaufst, um dich zu motivieren und dich beim Sport wohlzufühlen.
Sportarten wie Yoga können dabei helfen, ein besseres Körpergefühl zu entwickeln, was wiederum hilft, sich selbst zu akzeptieren und zu mehr Body Positivity beiträgt. Schließlich bist du einzigartig und einfach richtig so, wie du bist. Dabei ist es vollkommen egal, welche Figur du hast. Das kann auch Plus Size Yogalehrerin Manuela Wafzig bestätigen – Wir haben sie zum Interview getroffen und sie nach ihrem persönlichen Weg zu mehr Selbstliebe und Plus Size Yoga gefragt.
Interview mit Plus Size Yogalehrerin Manuela Wafzig
Manuela Wafzig entspricht irgendwie so gar nicht dem „typischen“ Yogabild. Sie sagt über sich selbst, sie sei dick. Aber das hindert die Yogalehrerin ganz und gar nicht an ihrer Mission, ganz im Gegenteil: Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit Achtsamkeit, Feinfühligkeit und Humor zu begegnen und anderen in ihren Yogakursen ein gutes Gefühl zu geben.
Denn Yoga ist viel mehr als äußere Erscheinungsbilder, athletische Verrenkungen und Lifestyle. Es ist die Verbindung von Körper, Geist und Seele.
Eine klassische Frage zu Beginn: Was macht Curvy Yoga so besonders?
Manuela: Man lernt seine Schwachstellen kennen und sie gezielt und körpergerecht wieder in Einklang zu bringen. Yoga XL, so wie ich es nenne, ist humorvoll, offen, frei von starren Denkmustern und Übungsreihen. Es bringt wieder in Bewegung, sei es den Körper sowie den Geist, stärkt den kompletten Bewegungsapparat, fördert Stabilität und Gleichgewicht, ein Wohlfühlgefühl kann sich wieder einstellen. Schmerzen im Körper werden gelindert oder gehen sogar ganz weg.
Du stehst zu deinem Körper und sprichst auf deiner Webseite ganz offen: „ich selbst bin dick“. War das für dich schon immer selbstverständlich oder war der Weg schwer? Was hat dir geholfen, deinen Körper zu lieben?
Manuela: Puuuuhhhhh das ist ein langes Thema. Viele Wege ging ich, um bei mir, in mir anzukommen. Schon als Kind wurde ich immer wieder gehänselt, gemobbt etc. Viele Diäten und intensives Auseinandersetzen mit der Ernährung waren nutzlos. Mein Gewicht blieb. Ich beschloss nach der Begegnung mit einer meiner Lehrer, dass ich, genauso wie ich bin, richtig bin. Ich lernte von da an viele Wege, Selbstliebe zu praktizieren. Ein besonderer Mensch, der in mein Leben getreten war, holte letztendlich viele meiner Glaubenssätze raus, an denen ich begann zu arbeiten. Schritt für Schritt ließ ich Glaubenssätze los und kam so mehr und mehr zu meiner Essenz. Mein wahres Sein. Ich hab in mir erkannt, welch wunderbares Wesen ich bin, wieviel Liebe ich aufbringen kann und habe gelernt, dass das Außen unwichtig ist. Wir sind nicht unser Körper, wir sind viel viel mehr. Wir sind einzigartig.
Bewegung begleitet dich schon dein ganzes Leben. Jetzt gehst du als „Yogalehrerin XL“ mit gutem Beispiel voran und möchtest deinen Gruppen Spaß an der Bewegung vermitteln. Wie nimmst du den Lernprozess war? Ist es schwierig, eine dauerhafte Begeisterung für Sport und Bewegung zu vermitteln?
Manuela: Nicht in meinen Kursen. Meine Kunden lieben meine Stunden. Ich kann sie immer wieder mit viel Humor motivieren und vermittle, dass jeder seinen Körper achtsam da abholen soll, wo er ist. Es bringt nichts, einen Spagat zu machen, wenn der Körper dafür noch nicht bereit ist.
Für viele passt Curvy und Yoga nicht zusammen, vermutlich, weil Angst und Scheu vor Verletzungen und der intensiven Körpererfahrung vorherrschen. Was möchtest du unseren Lesern dazu mitgeben?
Manuela: Wir sind nicht unser Körper. Wir dürfen weg von gesellschaftlichem Leistungsdruck und Co. Yoga ist für jeden Körper geeignet. Angst und Scheu entstehen nur durch das gesellschaftliche Bild, welches uns auf diversen sozialen Medien verfolgt. Jeder ist, wie er ist und hat seine Berechtigung. Tu deinem Körper etwas Gutes, damit deine Seele Lust hat, darin zu wohnen! Egal ob dick oder dünn, tu es einfach!
Vielen Dank für das Interview, liebe Manuela! Mehr zu Manuela findet ihr auf ihrer Website www.yoga-xl.at und auf Instagram @yogaxlbymanuelawafzig.
In unserem kostenlosen Yoga Ratgeber „Yoga für jeden Körper“ findest du noch mehr Informationen, praktische Yoga Übungen mit Schritt-für Schritt-Anleitungen und Tipps rund um das Thema Plus Size Yoga und Body Positivity.